Stellungnahme zu sexualisierter Gewalt in der Friedens- und Konfliktforschung

Stellungnahme zu sexualisierter Gewalt in der Friedens- und Konfliktforschung

Sexualisierte Gewalt findet in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens statt – so auch im Kontext von Wissenschaft und Hochschulen – und kann alle betreffen. Der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK) verurteilt jegliche Form sexualisierter  Gewalt, sei sie physischer oder psychischer Ausprägung, aufs Schärfste[1]. Im Namen der AFK solidarisiert sich der Vorstand klar mit all jenen, die mit sexualisierter Gewalt konfrontiert sind oder waren und unter deren gravierenden und langfristigen Auswirkungen leiden.

Gewalt ist, in all ihren Ausprägungen, Ausdruck von Macht und strukturellen Ungleichheiten. Machthierarchien sind der Struktur und dem Alltag von Universitäten, Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen inhärent. Strukturelle, sich überschneidende und gegenseitig bedingende Ungleichheiten aufgrund von Gender, sexueller Orientierung, race, Klassen- oder religiöser Zugehörigkeit, oder auch der Herkunft aus dem globalen Süden begünstigen in dem stark hierarchischen Hochschulsystem das Ausnutzen solcher Machtverhältnisse und resultieren in Diskriminierung. Abhängigkeitsverhältnisse Studierender von ihren Dozent*innen, prekäre Arbeitsverhältnisse von (nicht-)wissenschaftlichem Personal sowie die Neoliberalisierung von Hochschulen bzw. die Individualisierung von Studium, Lehre und Forschung verstärken diese Ungleichheiten. Dies wird durch die Strukturierung von Studiengängen, in denen einzelne Personen eine dominante Position einnehmen, und die Tatsache, dass Studierende nicht per se unter das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) fallen, verschärft.

Studierende, aber auch Mitarbeiter*innen waren/sind aufgrund ihrer beschränkten Handlungsoptionen der Willkür von Personen in Machtpositionen ausgesetzt. Dies kann sexualisierte Gewalt begünstigen. Sexualisierte Gewalt ist zudem nach wie vor stark tabuisiert, wodurch den Betroffenen und den mit ihnen solidarischen Personen ihre Thematisierung erschwert wird und sie Gefahr laufen, nicht gehört oder gar selbst beschuldigt zu werden. Solche ihrerseits gewaltvollen Dynamiken sind in der Forschung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt hinlänglich bekannt.

Die Friedens- und Konfliktforschung widmet sich der Erforschung von Frieden und Konfliktlösungen, Herrschafts- und Machtverhältnissen, Unterdrückung und Benachteiligung. Gleichzeitig ist auch sie nicht frei von Hierarchien und Abhängigkeitsverhältnissen, welche Machtmissbrauch begünstigen: Sexualisierte Gewalt fand und findet auch im Kontext der Friedens- und Konfliktforschung statt.

Die AFK als Berufsverband von Forscher*innen, Studierenden und Praktiker*innen im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung, fordert alle Kolleg*innen auf, bei Vorfällen von Gewalt und Machtmissbrauch nicht wegzuschauen, sich mit Betroffenen, unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Statusgruppe, zu solidarisieren und sie zu unterstützen. Die AFK ruft dazu auf, Strukturen an Hochschulen und anderen Wissenschaftseinrichtungen nachhaltig zu etablieren und zu stärken. Im Kontext der Organisations- und Personalentwicklung, auf infrastruktureller Ebene und hinsichtlich von Empowerment und Sensibilisierung braucht es Anlaufstellen und Maßnahmen, welche präventiv wirken, transparente Verfahren eröffnen und effektive Sanktionen bereithalten. Wir fordern alle Personen, insbesondere solche in Machtpositionen, dazu auf, diese Positionen zur Veränderungen der Strukturen zu nutzen.

Wir, als AFK, wollen diskriminierungsfreie und sichere Räume schaffen. Die AFK verurteilt sexualisierte Gewalt jedweder Ausprägung. Sie ist sich des intersektionalen Charakters sexualisierter Gewalt bewusst und steht für ein Klima, in dem sexualisierte Gewalt öffentlich gemacht werden kann und Betroffene Unterstützung erfahren. Wir rufen alle Beteiligten dazu auf, Vorfälle innerhalb des Berufsverbandes (z.B. bei Veranstaltungen der AFK) dem Vorstand oder den Frauenbeauftragten zu melden. Der Vorstand behält sich vor, der Mitgliederversammlung einen Antrag auf Ausschluss von Mitgliedern vorzulegen, die ihre Machtpositionen ausnutzen und Gewalt anwenden. Weiterhin setzt sich der Vorstand für nachhaltige Strukturen im Verband ein, um Diskriminierung präventiv zu begegnen. Die AFK plant entsprechende Schulungsangebote in ihre Kolloquien zu integrieren. Sie unterstützt weiterhin die Überwindung gewaltbegünstigender Faktoren auf dem Weg zu einem nicht-hierarchischen, diskriminierungsfreien und solidarischen Wissenschaftsbetrieb.

[1] Eine Definition findet sich unter anderem auf den Seiten der BuKoF: https://bukof.de/online-handreichung-sdg/ und auf den Seiten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/expertise_sexuelle_belaestigung_im_hochschulkontext.pdf?__blob=publicationFile&v=3

 

Für weitere Informationen

Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2015) Sexuelle Belästigung im Hochschulkontext – Schutzlücken und Empfehlungen. https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Expertisen/expertise_sexuelle_belaestigung_im_hochschulkontext.pdf?__blob=publicationFile&v=3

Die Stellungnahme als PDF.

Auswahl an Anlaufstellen für Gewaltbetroffene

(Ergänzungen sind gerne an frauenbeauftragte@afk-web.de zu richten)

 

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen
Telefon: 08000 116 016

Hilfetefon Gewalt an Männern
Telefon: 0800 1239900

Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser
https://www.frauenhaus-suche.de

Weibernetz e.V. Bundesnetzwerk von FrauenLesben und Mädchen mit Beeinträchtigung.
https://www.weibernetz.de/startseite.html

Bundesverband Mobile Beratung
Bundesweite Beratung bei Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Verschwörungserzählungen und Rechtspopulismus
https://bundesverband-mobile-beratung.de

 bff Frauen gegen Gewalt e.V.
https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-beratung.html

Verein für Frauen*, Lesben, Trans*, Inter* und queere Menschen
https://broken-rainbow.de/

Weitere Anlaufstellen auch unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/hilfe-und-vernetzung/hilfe-und-beratung-bei-gewalt-80640

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