45. Kolloquium der AFK vom 28. Februar bis 02. März 2013 in der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, Bayern -
Call for Papers and Panels bis zum 14. Oktober 2012!
Thema: Frieden mit/ohne Grenzen
Grenzen sind Markierungen, die zugleich ein- und ausschließen. Sie ermöglichen eine Identität der Dazugehörigen, die auf Abgrenzung angewiesen ist, und betonen damit zugleich Differenzen, die dem Frieden entgegenstehen können. Die größte Aufmerksamkeit hinsichtlich des Friedens verdienen politische Grenzen. Für die Möglichkeit eines dauerhaften, stabilen Friedens zwischen Gruppen in Gesellschaften und zwischen Staaten können Grenzen offenkundig eine zweideutige Rolle spielen: Eine stabile Grenze wird als wichtige Voraussetzung für Frieden betrachtet. So sind Bürgerkriege unter anderem deshalb so schwer zu beenden, weil aus Nachbarländern immer wieder bewaffnete Gruppen eindringen und Waffen Grenzen ungehindert passieren können. Klar definierte Grenzen zwischen Gruppen können dafür sorgen, dass sich beide Seiten in ihren unterschiedlichen Identitäten anerkennen können.
Grenzen sind eine wichtige Voraussetzung für territoriale Kontrolle. Das Gewaltmonopol des Staates hängt nicht zuletzt davon ab, ob er in der Lage ist, seine Grenzen effektiv zu kontrollieren und notfalls auch zu verteidigen. Zugleich werden Grenzen oftmals auch als ein Akt der Gewalt erfahren - zumal von jenen, die sie zu überwinden versuchen. Derweil treten als Folge von Globalisierungsprozessen Phänomene der Entgrenzung auf, infolge derer an Grenzen gebundene Konzepte wie das der nationalstaatlichen Souveränität auch friedenspolitisch zunehmend in Frage gestellt werden. Die Durchlässigkeit oder Überwindung von Grenzen gilt häufig als Friedensprojekt (z.B. EU), weil damit Gemeinsamkeiten und nicht mehr Differenzen hervorgehoben werden. Die globale Orientierung an Menschenrechten reduziert die Bedeutung staatlicher Grenzen, etwa in der „Responsibility to Protect“, und ist zugleich auf neue Grenzziehungen der Gewaltlegitimation angewiesen. Grenzen haftet jedoch stets etwas Willkürliches an: Sie hätten auch anders gezogen werden können. Gerade an nationalstaatlichen, zumal an kolonial gezogenen Grenzen wird deutlich, dass sie mit massiver Gewalt einhergehen können und nicht selten langfristig umstritten bleiben. Abgrenzungen zwischen Gruppen beruhen häufig auf negativen Stereotypen, die den Frieden zwischen Gruppen gefährden. Politische Akteure, die Grenzen sichern wollen, greifen dafür auch auf Gewalt zurück. Grenzziehungen sind darüber hinaus typische Strategien von Konfliktparteien: Barrikaden werden errichtet, Gebiete abgesperrt und kontrolliert. Konflikte entlang vermeintlicher Grenzen können aber auch zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung geraten, wenn etwa einem „clash of civilizations“ das Wort geredet wird.
Und schließlich kann das Setzen von Grenzen Normübertretungen als solche sichtbar machen und damit dazu beitragen, dass sich Individuen, Gruppen oder Gesellschaften darüber verständigen, welche Normen allgemeine Akzeptanz finden sollten. Die friedliche Austragung von Konflikten beruht dabei selbst auf einer anerkannten Grenze, die diejenigen, die Konflikte ohne Gewalt austragen wollen, von denen unterscheidet, die das Mittel der Gewalt für legitim halten. Dies spiegelt sich teilweise auch in der Wissenschaft wider, etwa wenn sich die „Friedensforschung“ von anderen wissenschaftlichen Perspektiven abgrenzt.
Diese Mehrdeutigkeit von Grenzen wirft die Fragen auf, welche Grenzen für wen und wann eine Friedensbedingung sind und für wen und wann sie eine Friedensgefährdung darstellen. Das 45. Kolloquium der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung geht diesen Fragen in einer Zeit nach, in der Grenzen im Namen des Friedens gezogen und - mit Gewalt - verteidigt und in der zugleich Grenzen im Namen des Friedens abgebaut werden.
Erwünscht sind Vorträge und Panels, die sich empirisch und/oder theoretisch aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven mit Fragen zum Verhältnis von Frieden und Grenzen beschäftigen. Besonders willkommen sind neben politik- und sozialwissenschaftlichen Beiträgen solche aus der Geschichtswissenschaft, Geografie, Anthropologie, Psychologie, der (Friedens-)Pädagogik, der Religionswissenschaft, Theologie oder den Regionalwissenschaften. Die Panels und Papiere können sich an folgenden übergeordneten Themen orientieren:
- Grenze, Raum und Territorialität als Konzepte in der Friedens- und Konfliktforschung;
- Frieden durch die Anerkennung oder Überwindung von Grenzen;
- Die Geschichtlichkeit von Grenzen im Bemühen um den Frieden;
- die symbolische Konstruktion von Grenzen in Friedensprozessen und Konflikten
- Grenzen als Konzept der (internationalen) Gouvernementalität
- Grenzsicherung als Bedingung und Gefährdung des Friedens
- Strategien der Befriedung von Grenzkonflikten
Es gibt zwei Möglichkeiten, Beiträge bis zum 14. Oktober 2012 einzureichen:
- mit einem themenbezogenen Panel: Dann senden Sie uns bitte eine thematische Skizze Ihres Panels (max. 2 Seiten) mit Angaben zur Panelleitung, zu den Vortragenden sowie ggf. zu einem/einer Discussant und den Themen der Einzelvorträge (soweit schon möglich). Pro 90-minütige Panelsitzung sind in der Regel drei Einzelbeiträge vorgesehen.
- mit einem themenbezogenen Einzelbeitrag: Dann senden Sie uns bitte einen aussagekräftigen Abstract (max. 2 Seiten).
Die Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung kann durch die Förderung der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF) Fahrtkosten für Präsentierende übernehmen. Bei Bedarf bemüht sich die AFK um die Bereitstellung einer Kinderbetreuung.
Wir freuen uns über Vorschläge für Papiere und Panels in elektronischer Form an die
AFK-Geschäftsstelle in Augsburg:
Lisa Bogerts, afk-gf@afk-web.de
Der Call ist zum Herunterladen auch unter folgendem Link einsehbar.